Die rasante Entwicklung im KI-Bereich hat die Hochschullehre durcheinandergewirbelt: Large Language Models wie ChatGPT können scheinbar per Mausklick jene Hausarbeiten schreiben, die Studierenden bislang wie selbstverständlich am Ende jedes Semesters abverlangt wurden. Andere KI-Tools wie Explainpaper oder ChatPDF versprechen, das Lesen wissenschaftlicher Texte zu vereinfachen oder sogar obsolet zu machen. Auf Knopfdruck geben sie Antworten auf Fragen, die man an Texte richtet, schreiben Zusammenfassungen oder extrahieren wichtige Inhalte. ResearchRabbit und Connected Papers wiederum geben vor, die Literaturrecherche zu revolutionieren. Schnell stellt sich hier die Frage, ob Studierende überhaupt noch zu klassischen Formen der Literaturrecherche zu motivieren sind. „Warum mühsam, wenn es auch einfach geht“ ist die zentrale Frage, die KI-Tools aufwerfen – und die Lehrende und Prüfende vor große Herausforderungen stellt.
In diesem Workshop am Historischen Seminar der LMU München ging es denn auch einen ganzen Nachmittag darum, wie Lehrende sinnvoll, kreativ und angemessen auf die Herausforderungen durch KI reagieren können. Immer wieder wurde deutlich, dass KI auch große Chancen für die Lehre bereithält.
Um sprachgenerierende KI beispielsweise dazu zu bringen, bessere Ergebnisse zu liefern, muss erstmal durchdacht und reflektiert gepromptet werden. Ein Schritt, bei dem genau jene metareflexiven Kompetenzen gefördert werden, die das Hochschulstudium vermitteln soll. KI regt aber auch dazu an, dem Arbeitsprozess mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wie und warum habe ich wann KI-Tools eingesetzt, wie bin ich mit KI-generierten Ergebnissen umgegangen und wann habe ich auch zu klassischen Werkzeugen wissenschaftlichen Arbeitens gegriffen: All das sind Fragen, die Studierende sensibel machen für eine sinnvolle und strukturierte Arbeitsweise. Und: KI bietet sich durchaus als Sparringspartnerin für Feedback oder als Ankerpunkt an, um die Literaturflut in den Griff zu bekommen – wenn man gleichzeitig lernt, die Ergebnisse immer wieder kritisch gegen den Strich zu bürsten und nicht ausschließlich auf KI zu setzen.
Das war schließlich vielleicht auch eines der zentralen Ergebnisse des Workshops: In der Lehre sollte immer auch über die Funktions- und Arbeitsweise von KI und damit über ihre Grenzen und problematischen Seiten gesprochen werden. Erst dann nämlich lassen sich Ergebnisse richtig einschätzen – und erst dann können Studierende ein Gespür dafür entwickeln, wann sie eben auch bewusst auf den Einsatz von KI verzichten wollen.